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AutorenbildDaniel-Rebecca Jacobs

Wie Preise in Discountsalon zustande kommen


Rene Krombholz 'Der faire Salon' | Credit: Rene Krombholz07.12.2022Rene Krombholz: Wir müssen öffentlich machen, wie Preise in Discountsalons zustande kommen


Mit der Wertegemeinschaft ‚Der faire Salon‘ kämpft Rene Krombholz seit Jahren für die Branche, faire Bezahlung, faire Preise und Transparenz für Kunden sieht er als Schlüssel für ein nachhaltiges Friseurhandwerk.

Herr Krombholz, Sie sind der Gründer der Wertegemeinschaft ‚Der faire Salon‘. Seit wann gibt es diese Gemeinschaft?Rene Krombholz: 2008 habe ich das Projekt ‚Der faire Salon‘ ins Leben gerufen, im Zuge der Entstehung der Discountbetriebe und Dumpingpreise. Damals bin ich, wie viele andere Unternehmer auch, angegangenen worden, warum sind die so billig und ihr so teuer. Bei der Recherche wurde dann sichtbar, dass es sich nicht nur um ein anderes Geschäftskonzept, sondern auch um eine andere Art der Dienstleistung handelt, darauf wollte ich aufmerksam machen.Die Mitarbeiterlöhne unter Tarif, übelste Arbeitsbedingungen, das fand in den Medien sofort Anklang. Aber über abgespeckte Dienstleistungen, anderer Materialeinsatz, Schnellabfertigung bis hin zu un- oder angelernten Mitarbeitern und Schwarzgeldern, darüber ist bis heute zu wenig bekannt.

 

Was ist faire Bezahlung?RK: Das hängt natürlich immer von der Leistung ab, aber in einem fairen Salon ist es ein wechselseitiges Geben und Nehmen. Es gibt auch eine Bringschuld vom Arbeitnehmer zum Arbeitgeber. Unter Fairness verstehe ich auch ausreichende Umsätze der Mitarbeiter, um bessere Löhne zu finanzieren – wobei viele Unternehmer bis heute nicht wissen, was machbar und was erforderlich ist.Ich würde heute nicht mehr fair sagen. Tatsächlich würde ich fair durch nachhaltig ersetzen. Der faire Salon ist nichts anderes als ein nachhaltiges Konzept, aber nicht nur in Umwelt und Ökologie, sondern hauptsächlich sozial unter den Menschen. Da fängt für mich Nachhaltigkeit überhaupt erstmal an!


Ist der Mindestlohn ein Anfang?RK: Wir haben in Deutschland die Situation, dass viele Betriebe nicht in der Lage sind, das zu zahlen. Die Rahmenbedingungen passen nicht. Das erste Drittel der rund 85.000 Salons in Deutschland hat einen Jahresumsatz unter 22.000 Euro und ist damit umsatzsteuerbefreit. Diese Betriebe sparen 19 % und können das bei ihrer Preiskalkulation herausrechnen. Das ein Monatsumsatz von 1.833 Euro.  Nach Abzug aller Kosten wie Miete, Waren, Energie, Versicherungen ergibt sich oft ein Unternehmereinkommen in Höhe der Mitarbeiterlöhne.Das zweite Drittel der deutschen Salons (32,4 %) erwirtschaftet einen Umsatz von unter 125.000 Euro pro Jahr. Nimmt man den letzten Wella EVA Betriebsvergleich (2018) so ist daraus ein durchschnittlicher Gewinn von 19,1 % erkennbar – heute wahrscheinlich sogar weniger. Bedeutet aber im günstigsten Fall 19,1 % Gewinn von 125.000 € = 23.875 € per Jahr oder 1.990 € Unternehmereinkommen im Monat. (Brutto) Wovon sollen hier höhere Löhne gezahlt werden?

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Wie viele Mitglieder hat ihre Wertegemeinschaft?RK: Es sind knapp 200 Friseurunternehmen, bundesweit verteilt. Man muss bestimmte Maßstäbe erfüllen und sich auch verpflichten, Kriterien einzuhalten. Wir haben schon über 600 Bewerber abgelehnt.


Was hat ein Friseurunternehmer davon, Mitglied zu sein?RK: Wir präsentieren diese Unternehmen detailliert auf unserem Portal, wo Kunden einen nachhaltigen Friseur in ihrer Nähe finden können. Wir publizieren auch sehr viel auf unseren Medienkanälen. Es gibt einen Salonfinder, verschiedene Werbematerialien, Zertifikate, Gütesiegel, etc. Durch die Annahme der Kriterien entstehen auch für Kunden Vorteile. Ständige Weiterbildung, ehrliche Beratung, Qualität bei den Produkten, ausreichend Zeit für die Behandlung, das ergibt eine andere Dienstleistung wie im Billigsalon – muss aber auch kommuniziert werden.


Ist es für den Endkunden eigentlich ein Thema, ob ein Salon faire Löhne zahlt?RK: Jein, das ist ein Problem. Das ist wie beim Tierwohl und der Umwelt, wenn es ans eigene Portemonnaie geht, dann streiken die Verbraucher. Das haben wir auch. Dennoch müssen wir an diesem Thema weiterarbeiten, Transparenz bieten und aufklären.  Es werden auch weiterhin Menschen zum 10 Euro Friseur gehen.


Was ist das Lohnkriterium in ihrer Wertegemeinschaft?RK: Mindestlohn oder Tarif sind absolutes Minimum. Aber auch die Weiterbildung und Förderungsmaßnahmen für Mitarbeiter sind darin enthalten. Die meisten unserer Mitglieder zahlen übertariflich, wie es sich künftig entwickelt, das kann ich noch nicht absehen.


Orientierung am Mindestlohn bedeutet aber auch, dass der Friseurberuf in der Öffentlichkeit damit weiter der ‚Niedriglöhner‘ bleibt. Ist es denn fair, dass der Friseur, unter den am niedrigst bezahltesten Jobs in Deutschland ist?RK: Nein, das ist sogar unfair, hängt aber unmittelbar mit der Wertschöpfung im Friseurhandwerk zusammen, die bei uns weit abgeschlagen von anderen Gewerken, ganz am Ende der Skala steht.Das wiederum hat mit den (zu niedrigen) Preisen, aber auch der Beratungsqualität zu tun.Bei uns im Salon beteiligen wir die Mitarbeiter an den Gewinnen. Sobald wir unsere Kostenabdeckung erreicht haben, werden die Überschüsse gleichmäßig verteilt. Das motiviert, ist aber zugleich harte Arbeit. "Der Kunde entscheidet über den Wert unserer Arbeit.


"Reden Sie darüber mit ihren Kunden?RK: Wir müssen lernen, wieder Dinge zu erkennen und darüber zu reden, die für uns scheinbar normal sind. Der Kunde entscheidet über den Wert unserer Arbeit. Unsere Arbeit ist eine andere wie in den Billigsalons, das fängt mit aufmerksamer Beratung an und hört mit ausreichender Zeit für die Behandlung auf.Wer altbewährtes gutes Handwerk ins Moderne übertragen möchte, kann das nur mit Fairness und Nachhaltigkeit.


Sie tun seit Jahren sehr viel für die Branche: Briefe an Politiker, Pressearbeit. Was war denn ein ermutigendes Erlebnis im vergangenen Jahr?RK: Es war Vieles ermutigend, vor allem in meinem direkten Umfeld. Für mich war es gut, wie viele politische Medien auf die Friseurindustrie aufmerksam geworden sind. Wir erhalten vermehrt Anfragen, ob für Talkshows, TV Statements, aber auch von Politikern. Auch die Suchanfragen nach entsprechenden Friseuren auf der Portalseite www.der-faire-salon.de sind während der Pandemie rasant gestiegen.


Sie prangern vor allem die große Friseurarbeitslosigkeit an. Gibt es da bereits Feedback?RK:Das Friseurhandwerk leidet massiv an einem Fachkräftemangel, während der Steuerzahler monatlich rund 10 Millionen Euro für arbeitslose Friseure/innen ausgibt. Die wiederum beschäftigen sich lieber vielfach mit Schwarzarbeit – ein unfairer Wettbewerb! Es sollte Sanktionen für jeden Arbeitslosen geben, der sich nicht anstrengt, um in seinem Beruf zu arbeiten. In diesem Punkt gehört mehr getan und ich schau’ jetzt schon mit Grauen auf das Bürgergeld."Ich möchte den Unterschied zwischen Billigsalons und fair zahlenden Salons an die Öffentlichkeit bringen"


Welche nächsten Schritte dürfen wir vom ‚Der Faire Salon‘ erwarten?RK: Wir werden den fairen Salon jetzt noch stärker bewerben und mit Themen in die sozialen Netzwerke gehen, wo wir vor allem das Preisschema der Billigsalons thematisieren. Ich möchte an die Öffentlichkeit bringen, wie Preise in Discountsalons im Vergleich zu fair zahlenden Salons zustande kommen. Das wurde bisher noch gar nicht gemacht.


Ihre Wünsche?RK: Ich wünsche mir Wachstum für den Fairen Salon und seine Mitglieder. Ich kann viel reden und anleiern, hier könnten unsere Mitglieder noch mehr tun. Die Wertegemeinschaft „Der faire Salon“  ist ein hervorragendes und in die Zeit passendes Alleinstellungsmerkmal, damit kann sich jeder Salon vor Ort abheben – wenn es nach Außen kommuniziert wird.Das gilt aber für alle Friseure. Wir sollten mutiger werden und darüber reden, was unser Handwerk wirklich wert ist und was wir leisten. Wir haben einen sozial geprägten Beruf. Haare abschneiden ist doch nur eine Seite, wir berühren Menschen, wir berühren Seelen und ich möchte nicht, dass das verloren geht.


Herr Krombholz, vielen Dank für Ihre Arbeit und den Einsatz für Friseure und weiterhin viel Erfolg.

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